Die zweite Hälfte des Menschenlebens ist meist damit ausgefüllt, die Torheiten, Vorurteile und falschen Meinungen auszuräumen, die sich in der ersten Hälfte angesammelt haben.
Jonathan Swift
Das Gute an der derzeitigen Diskussion um die materielle Basis im Alter zukünftiger Generationen ist, dass die allgemeine Aufmerksamkeit auf den hier zu erwartenden Missstand gelenkt wird. Immer deutlicher wird, dass es eine befridiegende systemimmanente Lösung nicht gibt. Doch jetzt können die administrativen Weichen gestellt werden für ein unerlässliches Grundeinkommen für alle, das ja wohl allein schon dadurch finanzierbar wäre, würden Steuergelder rein zweckdienlich zum Wohle der Menschen ausgegeben.
(s. auch Der stille Wandel, Visionen, Wirtschaft und Finanzen, S. 283 ff)
Gut finde ich auch, dass jetzt mit dem öffentlichen Thema 'Leben im Alter' vermehrt Vorstellungen geweckt werden, die sich mit persönlichen und gesellschaftlichen realen Möglichkeiten auseinandersetzen.
Industrien haben längst das Bedürfnis von 'new aging' aufgegriffen, um daraus Gewinn zu schöpfen. Sie vermarkten, dass äußere Aktivitäten wie Sport treiben oder ihre Produkte konsumieren Verjüngung bewirkt.
Aber das Umgekehrte ist der Fall: weil ältere Menschen sich jünger fühlen, verhalten sie sich nicht mehr nach althergebrachter Vorstellungen und fühlen sich freier und unabhängiger ihre Beschäftigungen zu wählen.
Soziologisch gesehen haben sich in den letzten 50 Jahren Familienverbände gelockert. Nicht nur die vielen Single-Haushalte und Alleinerziehende sind ein Ergebnis davon, sondern auch eine Ausgrenzung, Vereinsamung von Menschen, deren Stellenwert nicht mehr in der wirtschaftlichen Nützlichkeit gesehen wird.
Hier ist ein Umdenken erforderlich und ein allgemeines Besinnen auf die eigentliche natürliche Sinngebung unseres Lebens.
Die Natur zeigt uns, dass es einen natürlichen Reifungsprozess gibt, der seinen Höhepunkt im Blühen und Fruchten hat, und dass danach sich die Lebensprozesse zurückziehen. Alles in der Natur bis auf den Menschen unterliegt uneingeschränkt diesem Gesetz. Der Mensch ist begabt mit der Fähigkeit zu denken, die es ihm ermöglicht, über natürliche Prozesse hinauszuwachsen. Er allein hat immer eine freie Entscheidung, womit er sein Sein, sein Leben bestimmt und gestaltet.
Jetzt im 21. Jahrhundert erkennen deutlich mehr Menschen ihre Eigenverantwortung, ergreifen ihre individuelle Entwicklung und lösen sich aus den Netzwerken fremdbestimmter kollektiver Normen. Grundlage ist für jeden das persönliche Streben nach individueller, d.h. geistiger Selbstverwirklichung. Inzwischen bilden sich weltweit gesellschaftliche Parzellen, die auf dieser Grundlage neue soziale Formen entwickeln.
Der natürlichen Reifung des Menschen entspricht in den ersten ca. 40 Jahren in seine Umwelt hineinzuwachsen. Zwingend ist, denn jeder Mensch ist eine Totalität, dass er sich dabei seine jeweiligen Verhältnisse schlüssig erklärt, entsprechend seiner Entwicklung verändert und erweitert. Unausweichlich ist, dass er dabei Irrtümern im Verhältnis zur Ganzheit, die seiner jeweiligen persönlichen Meinung entsprechen, unterliegt. Sie bauen sein Weltbild auf, nach dem er lebt. Von Konrad Adenauer ist überliefert: „Ich weiß heute gar nicht, ob ich noch meiner Meinung von damals bin“.
Irrtümer, Vorurteile, Illusionen, die entsprechend der jeweiligen persönlichen Ziele entstehen, werden energetisch bis in jede Körperzelle aufgenommen und von hier aus unbewusst wirksam. Alle Zellen haben einen natürlichen Lebensrhythmus von ca. 9 Monaten, dann sterben sie und neue treten an ihre Stelle. Dieses Absterben erfolgt fließend, so dass die Zellen eines ganzen Körpers sich ständig in ca. 7 Jahren völlig erneuern.
Geistige Tätigkeiten bewirken Erkenntnisse, die wie Lichtstrahlen seelisch erlebt werden. Sie haben die Energie, Veränderungen in den Zellen zu schaffen. Ab ca. 40 Jahren fordert die natürliche Entwicklung den Menschen heraus, über seinen persönlichen Horizont zu schauen und sein gleichberechtigtes Verhältnis zur ganzen Welt zu klären. (s. Der stille Wandel, Individuelle Reifung, S. 251 ff)
Folgt ein Mensch dem mit bewusst freien Entscheidungen, stellen sich ihm - oft schmerzhaft – seine Irrtümer in den Weg und wollen behoben werden. Irrtümer, Vorurteile, Illusionen wirken mit der Kraft von Hypnose und bannen disharmonische Einstellungen zu Lebensverhältnissen. Aus denen heraus handelt jeder, bis der Mut und die geistige Kraft aufgebracht wird, diese Ein- bzw. Beschränkungen zu durchbrechen. Äußerlich erscheinen Symptome, die als Spiegel und Herausforderung zur inneren Arbeit nutzbar sind. Diese Erscheinungen folgen einem Verdichtungsprozess, sie beginnen mit dem Gefühl von Disharmonie, Unwohlsein und enden in physisch gewordenen Erkrankungen. Je früher sie bemerkt und bearbeitet werden, desto leichter lassen sie sich auflösen.
Wir finden heute ältere Menschen agiler, reger und bis ins Körperliche hinein fit. Ab ca. 40 Jahren schlägt ebenfalls zu Buche, was bewegt wird, 'rostet' nicht, denn damit wird naturgemäßen Absterbeprozessen entgegengewirkt. Das gilt sowohl für körperliche wie geistige Aktivitäten. Besonders geistige Arbeit baut Zellen auf. Entspannungsübungen fördern beides, denn sie lenken die innere die Aufmerksamkeit und in der Aufmerksamkeit sind wir direkt anwesend und lebendig.
Geistige Arbeit im Alter konzentriert sich naturgemäß auf das innerlich Erlebte, jetzt mit zunehmender Bereitschaft des wertfreien Wahrnehmens. So rückt der Bewusstseinszustand im Alter an das eines Kindes heran, denn beide lassen sich von äußeren Werten nicht mehr bzw. noch nicht hemmen und einschränken.
Jesus sagte sinngemäß, 'wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, könnt ihr nicht ins Himmelreich (,dem Reich der vollkommenen inneren Harmonie) kommen'. ...
B. Spalding, Leben und Lehren der Meister im Fernen Osten, Bd. 5 , S. 343 ff
'Jesus hat uns oft gesagt, man werde das, was man verehre. Wenn wir in Beschränkungen verfallen, so haben wir Beschränkungen verehrt, aber es gibt kein menschliches Wesen, das nicht Vollkommenheit verehren und durch solche Einstellung sich selbst aus Beschränkungen emporheben könnte. ...
Es ist ganz klar, dass, wenn wir statt Alter zum Inhalt unserer Gedanken zu setzen, Jugend im Sinn behalten und in entschlossener, positiver Haltung uns erhielten, diese auch erhalten bleiben würde. ...
Das eigentliche Ideal ist ein Körper, den man allenthalben als das Ebenbild des Schöpfers verehrt. Die Göttlichkeit (,die alle Konfessionen umfasst,), die der Mensch hochachtet und als ihm zugehörig erkennt, ist der höchste Ausdruck seiner Jugendlichkeit, Schönheit und Reinheit.
Wir projizieren selbst diese Zustände, denen wir unterliegen. ... Niemand kann etwas erreichen, wenn er nicht eins wird mit seinen Zielen und alle anderen Umstände vergisst. ...
Nur wir selbst sind es, die dem Körper gestatten, abzusterben. Die Gedanken und Gefühle, die wir auf den Körper einwirken lassen, sind die Erschaffer (unseres gesundheitlichen Zustandes).'
Dass heute so viele Menschen über 60 Jahren sich so jung fühlen und dementsprechend leben und damit wirken, ist für mich ein Ausdruck einer individuellen lebendigen Geistigkeit. Wird im Alter bewusstseinsmäßig persönlicher seelischer Müll entsorgt, klären sich auch Umfeldverhältnisse. Damit wird altersgemäß sinnvolle gesellschaftliche Arbeit geleistet, die wertgeschätzt und gefördert werden sollte.
maria goras
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