Wenn wir uns der Einheit zuwenden, können wir alle Dinge erreichen. Durch Tugend, die ohne Eigeninteresse ist, lässt sich selbst das Übernatürliche gefügig machen.
taoistischer Text
Es scheint nur so, dass Tugenden 'unmodern' geworden sind. Derzeit schwindet zwar im Sozialverhalten die Macht des Gruppenbewusstseins, der Traditionen und die Wirkungen traditionellen Gewissens und chaotisches Losgelöstsein erscheint, aber unterschwellig entstehen neue fortschrittliche Bezüge.
Tugenden sind keine naturgegebenen Eigenschaften, sondern sie veredeln und schaffen kultiviertes Gemeinschaftsleben. Tugendhafte Qualitäten drängen über eigene natürliche Bedürfnisbefriedigungen hinaus und schützen und fördern das Wohl anderer. Sie ebnen den letzendlich unausweichlich menschlichen Entwicklungsweg, sich in spirituellem Sinn zu vervollkommnen.
Soziales Leben braucht Regeln, moralische Werte, gute Gewohnheiten, die für alle gerecht gehandhabt werden. Diese Umgangsformen verändern sich mit dem Bewusstseinswandel.
Alle Religionen haben eine gleiche Werte-Grundlage, nämlich Weisheit zu verinnerlichen und sich heilende Zuwendung und Liebe für alle und alles zu erarbeiten. Weisheit und Liebe sind ein weiblicher Zugang, der Tore und Quellen im Inneren des Menschen erschließt. Lehren, Theorien, Methoden und Schulungen sind männliche Erfahrungs- und Übungswege dahin.
(Der stille Wandel, Duale Einheit, S. 225 ff)
Religionen folgen unterschiedlichen Ansichten der einheitlichen geistigen Wirklichkeit und entwickeln für ihren Glaubensweg eigene Methoden, die sich in Kulten, Moral, Gebräuche und Gewohnheiten darlegen. Gruppengewissen entwickelt sich mithilfe von abgeleiteten Vorschriften, Ge- und Verboten, Gnade und Sühne, göttliche Vergebung und Strafe und bindet Menschen an die jeweilige Gemeinschaft.
Selbst wenn traditioneller Gruppenmoral gefolgt wird, kann keine äußere Vorschrift, Regel und Richtlinie einem Menschen die Verantwortung für seine Lebenshaltung, für die er sich bewusst oder unbewusst frei entschieden hat, wirklich abnehmen.
Seit dem 20. Jahrhundert lösen selbständig entwickelte intelligente Fähigkeiten. mystisches Bewusstsein vor allem im europäischen Menschen ab. Bewusst wird erfahren und erkannt nach welchen Werten gelebt wird und wer die setzt. Das fordert den selbstbewussten Menschen heraus, für sich selber entscheiden zu wollen.
Seit dem 21.12.2012 haben sich kosmische Impulse endgültig aus übergeordnetem Gruppenbewusstsein zugunsten individueller Bewusstseinsentwicklung zurückgezogen. Jetzt wird direkter auf die Entwicklung des individuellen Gewissens eingewirkt, um zu helfen wacher und dadurch gezielter den karmisch tingierten biographischen Weg zu finden und zu gehen. Sich selbst treu zu sein und zu bleiben wird bewusster oberster Leitsatz. Mit erwachtem Empfinden für Unterschiede von persönlicher und universeller Wahrheit wächst das Gefühl für die Authentizität. Gleichzeitig stellen sich Erkenntnisse unabänderlicher Verbundenheit in größer werdenden Zusammenhängen ein.
Alle Menschen sind in ihrem Willen unantastbar frei und können sich für einen 'guten' Lebensweg aber auch für Irrwege entscheiden. Immer müssen sie die Konsequenzen, die oft unerkannt bleiben und wie von außen bedrängend empfunden werden, auf sich nehmen. Die eine Richtung führt auf den Pfad der Entwicklung von Tugenden, die andere produziert Schicksals-Verwicklungen. Die eine verbindet das Bewusstsein mit der geistigen Einheit und die andere sondert es ab.
Entscheidungsfreiheit ermöglicht zu wählen zwischen tugendhafter und untugendhafter Seelenhaltung. Alle Menschen kennen beide Qualitäten, wenn sie während ihrer Inkarnationsreihe beide in ihr Leben holten. Ohne diese polaren Erfahrungen kann weder das eine noch das andere erkannt werden.
Tugenden stehen Untugenden gegenüber wie Besonnenheit der Unbesonnenheit, wie Klugheit der Dummheit, wie Tapferkeit der Feigheit, wie Gerechtigkeit der Ungerechtigkeit. Die einen heilen, die anderen kränken!
Tugend erwächst aus dem harmonischen Gleichgewicht von zu viel und zu wenig, z.B. pendelt Mut zwischen Zurückhaltung und Handeln. Einseitigkeit führt das eine zur Trägheit der Entmutigung und das andere zum Übermut. Wenn die Bemühung um Ausgleich nicht da ist, festigen sich Ungleichgewichte zu Untugenden. Wer mit seinem Schicksal, wie es kommt, Frieden schließt, es annehmen und lieben kann, hat das individuelle Maß zwischen egoistischen Richtigkeiten und intellektuellem Hochmut gefunden.
(Der stille Wandel, Freiheit, S. 178 ff)
Es geht stets darum, zwischen polaren Eigenschaften einen ausgeglichenen Zustand herzustellen, indem bei gefährlichen Neigungen ein Richtungswechsel vorgenommen wird. Wie jede Waage ihren Ausgleichspunkt hat, hat auch jeder Mensch seinen Wendepunkt, in dem er frei von emotionalen Bindungen ist und sich neu ausrichten kann. Hier entwickelt er z.B. Mut, überwindet Bequemlichkeit, entscheidet sich Bescheidenheit zu üben, d.h. dass er nur noch nimmt, was er wirklich braucht und darauf achtet, das andere das auch bekommen.
Der erste Schritt dahin ist, sich auf das Innenleben zu besinnen und vorgefundene Seelenstimmungen zu orten und zu analysieren. Der nächste Schritt ist, innerlich ruhig und gelassen zu werden, um im neutralen Gleichmut Emotionen und Gedanken zu klären. Durch ausdauerndes Üben lassen sich solche neutralen Haltungen angewöhnen. Das wirkt bis in das vegetative Nervensystem, dem so reflektorisches Reagieren verwehrt wird. Allein dieser Prozess löst Seelisches aus zu enger Bindung an die Leiblichkeit und befreit für darüberhinausgehende Kulturbedürfnisse.
Ein Krokus verbildlicht in schöner Weise den Prozess tugendhafter Entwicklungen.
Die bis in die Leiblichkeit eingeübten Tugenden der gemeinschaftlichen Moral sind wie Wurzeln, aus denen es unter angemessenen Bedingungen keimen kann.
Wenn Frühlingswärme und Nässe die erddunkle Wurzel beleben, wächst ein Keim heraus, der im Licht grünes Leben entfaltet. Alles Wachstum fügt sich Naturgesetzen und reagiert auf veränderte Bedingungen. Kosmische Energien werden dem Wesen entsprechend aufgenommen und sammeln sich zur Knospe.
Im Sonnenlicht entfaltet und offenbart die Blüte ihr geistiges Wesen in Farbe und Form. Alle weiteren Entwicklungsanlagen bietet sie offen der Befruchtung durch beflügelte Wesen an. Dem folgt als nächste Entwicklungsstufe ein innerer Reifungsprozess.
In diesen Pflanzen-Bildern kann Seelenreinigung nachempfunden werden. Eigensein haftet an dunklen Kräften, das herausgelöst und in selbstlose Eigenschaften, also Tugenden umgearbeitet wird. Eine reine Seele verbindet sich altruistisch mit geistigen Energien.
Mit Besonnenheit, als Wendepunkt zwischen innerer und äußerer Aktivität, werden Prozesse im Seelenraum angeschaut und beeinflusst. Wie bei einer Wohnung kann hier aufgeräumt, geputzt und mit Sinn für Schönheit und Wahrheit neu eingerichtet werden. Diese Tugend bereitet die Basis für Seelenwachstum.
Doch es sind Gedanken, die die Seele geistig individualisieren und das Bewusstsein über das Eigene hinaus auf die unabänderliche allgemeine Verbundenheit im Geistigen richten können.
Gedankensteuerung ist eine besonders grundlegende Tugend, wenn sie die Fähigkeit zur Konzentration und Kontrolle beinhaltet.
Gedanken schimmern überall in der Seele, blitzen auf, verleiten zu schnellen Vorstellungen und Urteilen, erzeugen Befürchtungen, entzünden Wünsche, leben in Absichten und Plänen, die unser Handeln leiten, und lenken die Blickrichtungen. Sie bewusst zu erfassen, auf Wahrheit zu prüfen, in Bezug auf Ursachen zu verfolgen und in gewünschte Richtungen zu lenken, dient der Selbsterkenntnis und der Selbstbestimmung. Wer sie kontrolliert, lässt sich von außen nicht mehr einfach beeinflussen. Er besinnt sich auf eigene Wertvorstellungen und leitet Ziele, Absichten, Vorhaben und Verhalten ab. Nach selbstbestimmten Überzeugungen steuert er seinen Gedankenfluss und gewinnt damit Selbstkontrolle.
Alle aufgenommenen Gedanken sammeln sich als Erinnerungen tief, oft verborgen und wirken unaufhörlich hintergründig in uns, solange bis seelische Reife ihre Wirkungen überwunden hat.
Bewusstes Schweigen schützt nicht nur andere davor, von Gerede energetisch eingehüllt zu werden, sondern lässt Erfahrungen in Erkenntnisse fließen. Geduldig Gedanken und Wissen solange zurückzuhalten, bis sich Einsichten in wirkliche Verhältnisse einstellen, befähigen, sich gewissenhaft verantwortlich mitzuteilen. Auf dieser freien menschlichen 'Spielwiese' kann sich jeder kreativ entfalten ohne neues Leid zu verursachen. Eher führt das zu ehrlicheren Begegnungen im Sozialen. Wenn tugendhaft gelebt und Untugenden für Erkenntnisse genutzt werden, entstehen wie von selbst vertrauenswürdige, vernünftige Solidargemeinschaften.
Bewusst Tugenden zu erarbeiten, die uneigennützige Haltungen erfordern, streben Menschen an, die sich gerufen fühlen, der positiven Entwicklung der Welt selbst zu entsprechen und zu dienen. Um das authentisch tun zu können, ist es erforderlich seine Herzenskräfte, Weisheit, Glaube und Liebe zu entwickeln, zu nähren, zu stärken und damit seine Seele zu reinigen und zu heilen. Nur seelisch reine Qualitäten können das Tor zum Geistigen öffnen und durchschreiten. Auf der anderen Seite steht in allumfassender Einheit der gereinigte Teil der Seele unmittelbar in Kontakt mit allen übernatürlichen Wesen und kann gegenseitige für alle hilfreiche Beziehungen aufbauen.
maria goras
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